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Vollgeld

Positionspapier verabschiedet am 04.02.2012

 

Das heutige Geldsystem ist krisenanfällig, ungerecht und zwingt die Wirtschaft zum grenzenlosen Wachstum. Die Schweizer Nationalbank hat heute nicht mehr das alleinige Recht, Geld zu erschaffen. Mittels Kreditvergabe machen das die Geschäftsbanken genauso – aber in grösserem Stil. Die Jungen Grünen fordern eine Vollgeld-Reform, um die Geldschöpfung wieder in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen.

 

Geldschöpfung und Wirtschaftswachstum

 

Wirtschaft ist unweigerlich mit Geld verbunden. Wir tauschen nicht Ware gegen Ware, sondern Ware gegen Geld. Mit dem heutigen Geldsystem haben wir ein Geld, das sich beliebig vermehren lässt. Papiergeld und elektronisches Geld unterliegen keinen natürlichen Einschränkungen (wie zum Beispiel Gold). Wie viel Geld in Umlauf kommt, hängt allein von uns Menschen ab. Die Möglichkeit, das Geld unendlich zu vermehren, liess unter anderem den Traum vom unendlichen Wirtschaftswachstum aufkommen. Letztendlich sind jedoch alle Güter im Wirtschaftskreislauf der Natur entnommen. Die Natur stellt nur begrenzt Ressourcen zur Verfügung. Der Traum vom ewigen Wirtschaftswachstum ist daher eine Illusion.

Mit der ausufernden Geldschöpfung (Erstellen von neuem Geld) wird die reale Wirtschaft dazu angetrieben, möglichst in gleichem Masse mitzuwachsen, weil das neugeschöpfte Geld in zusätzliche Güter eingelöst werden muss. So wächst die Wirtschaft mit der Geldmenge und nimmt die Natur immer mehr in Anspruch – die Natur wird übernutzt und ausgebeutet. Doch eine intakte Natur ist unsere Lebensgrundlage.         
Der Geldschöpfungsprozess hat einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft, die Umwelt und den Menschen. Ihm sollte eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

 

Geldschöpfung ausser Kontrolle

 

Die Aufgabe der Schweizerischen Nationalbank SNB ist es, die Wirtschaft mit Geld zu versorgen und Preisstabilität zu gewährleisten. Sie hat das alleinige Recht Notengeld auszugeben.           
Wegen des fraktionalen Reservesystems und des Aufkommens der digitalen Zahlungsmittel ist es für Geschäftsbanken vereinfacht möglich, dieselbe Zehnernote gleichzeitig an mehrere Personen auszuleihen. Diesen Personen erscheint der Kredit auf den Konten als Giralgeld. Giralgeld ist zwar nur elektronisch vorhanden, kann aber jederzeit für Zahlungen benutzt werden und hat daher die gleiche Fähigkeit wie das Bargeld. Durch die Kreditvergabe der Geschäftsbanken wird folglich neues Geld geschaffen (mittels Bilanzverlängerung).          
Die Geschäftsbanken haben somit einen Weg gefunden, ebenfalls Geld zu «drucken». Deshalb liegt das Geldschöpfungs-Monopol nicht mehr allein bei der Schweizerischen Nationalbank SNB. Ein realer Franken der SNB wird durchschnittlich gleichzeitig zehn Mal weiterverliehen. Die SNB hat somit nur Kontrolle über 10% des umlaufenden Geldes.[1]

Weil die Banken so leicht Zugang haben zu neuem Geld, ist es für sie lukrativ, damit zu spekulieren und es in risikoreiche Anlagen zu investieren. Die Folge davon ist ein unkontrolliertes Wachstum der Geldmenge, welches in keinem Verhältnis zum Wachstum der Realwirtschaft steht. Dieses Geld fliesst zu einem grossen Teil in Finanzgeschäfte, welche für die Realwirtschaft und die Gesellschaft keinen Nutzen haben. Zudem verstärken die Banken die Konjunkturzyklen ins Extreme: In Boomphasen wird verantwortungslos Geld geschöpft, das zu Blasen und den nachfolgenden Krisen führt. Die private Geldschöpfung der Banken funktioniert nach dem Prinzip der kurzfristigen Gewinnmaximierung und schadet in der heutigen Form der Realwirtschaft, der Gesellschaft und der Umwelt.

Der SNB-Leitzins wird als Methode genannt, um die Geldmenge zu steuern. Doch die sich häufenden Krisen der letzten Zeit zeigen, dass diese Methode ungenügend ist.

 

Verfassungs-Update: Vollgeldreform

 

In der Bundesverfassung Artikel 99 steht: «Das Geld- und Währungswesen ist Sache des Bundes; diesem allein steht das Recht zur Ausgabe von Münzen und Banknoten zu». Die Erzeugung von Giralgeld ist nicht erwähnt. Die Bundesverfassung gewährt damit dem Bund nur die Kontrolle über das Bargeld, also gerade mal 10% der Geldmenge M1, derjenigen Geldmenge, mit der jederzeit gezahlt werden kann. Der grössere Teil des Geldes ist somit Sache der Privatwirtschaft und nicht des Bundes, was nicht dem Willen der Verfassung entspricht.

Mit der Vollgeldreform soll diese Lücke in der Verfassung geschlossen werden. Mit der Erweiterung des Artikels 99 um den Begriff Giralgeld wird den Geschäftsbanken die Berechtigung genommen, selber Giralgeld zu schaffen. Die Nationalbank, die gesamtgesellschaftliche Ziele verfolgt, erlangt so wieder die Kontrolle über die gesamte Geldmenge. Die Vollgeldreform verpasst der Bundesverfassung ein Update an die heutige Realität.

 

 Vorteile des Vollgeldes

 

  • Kontrolle der SNB über die Geldmenge
    Die SNB kann Spekulationsblasen, Inflation und Deflation wirkungsvoll verhindern, indem sie die Geldmenge der effektiven Wirtschaftsleistung anpasst.
  • Weniger Krisen
    In den Boomjahren geben die Geschäftsbanken sehr gerne Kredite. Dies erhöht die Geldmenge, was wiederum das Wirtschaftswachstum ankurbelt. Dies funktioniert solange gut, bis die Übertreibungen offensichtlich werden. Dann werden weniger Kredite vergeben, die Geldmenge nimmt ab und die Geschäfte machen wiederum weniger Gewinne. Aus dem Boom wird ein Bumm! Mit dem Vollgeld ist die Geldmenge nicht mehr abhängig von den Konjunkturzyklen. Dies wirkt den Hochs und Tiefs entgegen und sorgt für eine stabilere Wirtschaft.
  • Eine Bank ist wieder eine Bank
    Nach einer Vollgeldreform sind die Banken weiterhin wichtig und notwendig. Aber ihre Funktion beschränkt sich wieder vorwiegend auf Dienstleistungen an der Realwirtschaft. Sie sorgen für die flexible Verteilung und effiziente Verwaltung des Geldes. Geschäftsbanken können nun aber nur noch Geld gegen Zinsen verleihen, welches ihnen die Sparer zur Verfügung stellen. Ungerechtfertigte Milliarden-Gewinne sind damit nicht mehr möglich. Millionen-Boni auch nicht.
  • Kein Too-Big-To-Fail
    Die Banken sind in dieser Form nicht mehr systemrelevant. Sie können Konkurs gehen, da das Vollgeld auf den Zahlungsverkehrskonten (Transaktionskonten) nicht mehr in der Geschäftsbilanz der Bank ist und im Falle eines Konkurses weiterhin existiert. Die Banken geniessen keine faktische Staatsgarantie mehr und die Steuerzahlerinnen müssen nicht mehr für die übertriebenen Risiken der Banken aufkommen.
  • Gerechtere Verteilung der Geldschöpfungsgewinne
    Die bisherige Schöpfung von Geld durch die Vergabe von Krediten spült den Geschäftsbanken ungerechtfertigte Zinsgewinne in die Kasse. Ungerechtfertigt deshalb, weil das eingegangene Risiko durch die faktische Staatgarantie von der Öffentlichkeit getragen wird. Die Vollgeldreform hebt diese Ungerechtigkeit auf.  Die Geldbasis soll im Gegensatz zum heutigen Kreditgeldsystem zinslos in Umlauf gebracht werden. Möchte die Nationalbank die Geldmenge erweitern, bestehen verschiedene Möglichkeiten dieses neue Geld in Umlauf zu bringen. Sie kann es zum Beispiel dem Staat zukommen lassen oder direkt den Bürgern auszahlen. So kommen die Geldschöpfungsgewinne der Allgemeinheit zugute.
  • Zähmung des Wirtschaftswachstums
    Mit der Zähmung der Geldschöpfung können auch dem Wirtschaftswachstum Schranken gesetzt werden. Es besteht die Möglichkeit das Wirtschaftswachstum den natürlichen  Gegebenheiten anzupassen.
     

Weiterlesen?

www.vollgeld.ch

 


[1] Geldmenge M1, Schweizerische Nationalbank 2011