Das Tagblatt schafft sich ab!
Zuerst schafft sich Deutschland ab, dann soll die EU den Euro abschaffen und nun schafft sich das Tagblatt gleich mit ab, indem es Thilo Sarrazin unkritisch den Hof macht. Die Zeitung verschuldet sich mit der Einladung eines bekannten Rechtspopulisten an billiger Effekthascherei, bei der wirtschaftlich und offen rassistische Personen nicht nur salonfähig, sondern auch finanziell unterstützt werden.
Islamophob und rassistisch
Sarrazin hat mit seinen offen islamophoben und fremdenfeindlichen Büchern «Deutschland schafft sich ab» oder «Der neue Tugendterror» rassenbiologische Begründungen aus der Mottenkiste hervorgekramt, von denen man glaubte, sie gehörten längst der Vergangenheit an. Trotz des wissenschaftlichen Mantels, mit dem er seine Aussagen umgibt; Am Ende ist es die gute alte Rasse, die bei Sarrazin als Erklärungskategorie zum Zug kommt. Und dies, obwohl seit Jahrzehnten klar ist, dass der Begriff biologisch sowie sozial nichts hergibt, weil er nur scheinbare klare Trennungen vorgibt.
Anhand von Intelligenztests oder Bildungsstudien möchte Sarrazin dennoch darlegen, wer integrierbar ist und wer nicht. Wer also hierbleiben darf und wer abgeschoben werden muss. Er erklärt Bildungsleistung, Arbeitsmarktintegration, Kriminalität oder auch die Anfälligkeit für fundamentalistisches Gedankengut nicht mit politischen und strukturellen Ursachen, sondern mit rassenbiologischen oder kulturdifferentialistischen Argumenten.
Mit seinen Theorien hat Sarrazin den Raum des Sagbaren und Akzeptierten drastisch erweitert. Seine Aussagen finden vor allem in rechten und rechtsextremen Kreisen Anklang und Applaus. Unlängst lobte ihn etwa Roger Köppel. Obwohl sich Sarrazin in seinem neuesten, wohl etwas unaufgeregteren Buch «Wunschdenken. Europa, Währung, Bildung, Einwanderung – warum Politik so häufig scheitert» neuerdings scheinbar in der Ecke der ernstzunehmenden Experten stellen möchte, bleibt seine welterk lärerische Suppe ein brauner Sud mit Wutbürgerklösschen.
Etwa wenn er, an seine früheren Bücher anknüpfend, den Südeuropäern kollektiv und essentialistisch gewisse Mentalitäten und eine gewisse Kultur zuschreibt, welche für ihre unsoliden Staatshaushalte verantwortlich seien. Hier der fleissige und achtsame wirtschaftende Mitteleuropäer, da die faulen, zügellosen Südeuropäer*innen.
Kritik aus liberaler Perspektive
Den politischen Implikationen von Sarrazins Thesen müsste sich gerade das Tagblatt, das sich einst in liberaler Perspektive verortete, entgegenstellen. Es müsste klar kritisieren, wenn ein politisch aktiver Mensch ganzen Bevölkerungsgruppen kollektiv unüberwindbare genetische Unterschiede zuschreibt. So taten dies auch andere liberale Politiker*innen. Stattdessen bietet ihm die Zeitung noch eine zusätzliche Plattform.
Besonders brisant: die Organisation des Vortragabends wird durch die Privatbank „Reichmuth & Co.“ unterstützt! Ihrerseits Auffangbecken für Mitarbeitende, die sich bei der kriminellen Pleitebank „Wegelin“ besonders wohl gefühlt hatten.
Bei Sarrazin werden jene fündig, die in der EU immer schon ein bürokratisches und die nationale Souveränität einschränkendes Monstrum sahen. Dabei wäre die notwendige Frage jene, die Sarrazin zwar benennt, aus der er aber die falschen Schlüsse zieht: Wie kann aus einer Währungsunion auch eine politische, solidarische Union werden?
Die Ostschweizer Hauszeitung lädt ohne Not einen notorischen Hetzer ein und reproduziert damit sein rassistisches Gedankengut. Solche Geschehnisse lassen sich am besten mit einem Zitat der deutschen „Taz“ beschreiben (richterlich erlaubt): «Sarrazin wird inzwischen von Journalisten benutzt wie eine alte Hure, die zwar billig ist, aber für ihre Zwecke immer noch ganz brauchbar, wenn man sie auch etwas aufhübschen muss… fragt sich nur, wer da Hure und wer Drübersteiger ist?»

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Manolito Steffen
Junge Grüne St. Gallen
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Andrea Scheck
JUSO St. Gallen
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Claudio Keller
Aktion Zunder
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