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"Dann kann ich mein Einfamilienhaus auf dem Land vergessen, oder?"

Basil Oberholzer, 30.06.2016

Solche oder ähnliche Reaktionen kennen wir wohl alle vom Sammlen. Die VielsammlerInnen Vicky (Bern) und Basil (St.Gallen) haben sich über die häufigsten Fragen unterhalten und einander gefragt, wie sie jeweils darauf antworten. Eine Auswahl der Klassiker findet ihr hier - lasst euch inspirieren und seid beim nächsten Mal argumentativ noch besser gewappnet beim Sammeln.

 

“Wie soll das gehen, wenn immer mehr Leute in die Schweiz kommen und wir die Einwanderung nicht begrenzen. Da würde doch das Bauland niemals ausreichen?!”

Basil: Erstens schritt die Zersiedelung in der Vergangenheit viel stärker voran als die Bevölkerung sich entwickelte. Die Siedlungsfläche wuchs in den letzten 25 Jahren ca. 2.5mal so stark wie die Bevölkerung, die Autobahnfläche sogar dreimal so stark. Zweitens sind die inneren Reserven so gross, dass man darin mit der Förderung nachhaltiger Quartiere und sehr moderater Verdichtung genug Wohnraum schaffen kann, sogar wenn das höchste Bevölkerungsszenario des Bundes eintreffen sollte. Es sind weder Hochhäuser noch zusätzliches Kulturland nötig.

 

“Wird das Kulturland nicht durch die Revision des Raumplanungsgesetzes bereits genug geschützt?”

Basil: Das täuscht. Alle Gemeinden dürfen gemäss neuem RPG Bauland für 15 Jahre ausscheiden. Wird es überbaut, wird der kantonale Richtplan revidiert und die Bauzone wird einfach weiter vergrössert, bis der Bedarf von 15 Jahren wieder hergestellt ist. Je schneller gebaut wird, desto schneller wird auch neues Bauland eingezont. Das RPG erlaubt dies explizit und kann deshalb auch die Zersiedelung nicht stoppen. Ich habe damals auch Ja zu dieser Gesetzesrevision gestimmt. Sie ist ein erster Schritt, aber nicht mehr.

 

“Das machen wir bei uns doch schon. Wieso braucht es noch eine solche Initiative?”

Basil: Nach wie vor werden in der Schweiz jeden Tag mehr als acht Fussballfelder überbaut. In den Städten wird tatsächlich an vielen Orten vorbildlich gebaut. Dennoch gibt es viele Orte, vor allem in der Agglomeration und auf dem Land, wo man nicht mal mehr als zwei Stockwerke hoch bauen darf.

 

“Die machen in der Politik sowieso, was sie wollen. Da nützt auch Ihre Unterschriftenübung nichts.”

Vicky: Am wenigsten, nämlich gar nichts, bewirken ganz sicher diejenigen, die es gar nicht erst versuchen. Diese Initiative wird von unzähligen Leuten unterstützt, schon alleine dieses Engagement sowie das Bewusstsein und die Diskussion über das Zersiedelungsproblem in unserer Gesellschaft sind wertvoll. Natürlich sind nicht wir es, die die Initiative letztendlich umsetzen. Doch wir setzen uns mit dieser Initiative für das, was uns und vielen anderen Menschen ein wichtiges Anliegen ist, ein.

“Dann kann ich ja mein Einfamilienhaus auf dem Land vergessen, oder?”

Basil: Die Initiative verbietet keine Einfamilienhäuser. Sie müssen einfach in den jetzt bestehenden Bauzonen gebaut werden. Es gibt genug Einfamilienhäuser, die Sie erwerben können. Noch viele neue dazu zu bauen, macht aber keinen Sinn.

 

“Ich mag solches Wohnen nicht. Müssen wir nachher alle verdichtet leben, ohne unsere Privatsphäre wahren zu können?”

Basil: Die Privatsphäre bleibt gewahrt und ist auch uns wichtig. Wir wollen keine Betonwüste, sondern nachhaltige Quartiere mit genügend Grünflächen und dementsprechenden Grenzabständen. Was man in den Schweizer Innenstädten sieht, ist viel mehr an Dichte, als überhaupt nötig ist.

 

“Würden dabei nicht die Kosten für Wohnungen enorm steigen?”

Basil: Die Wohnkosten steigen dann, wenn die Kapazitätsgrenzen erreicht sind. Die inneren Reserven sind aber so gross, dass man ohne ein einziges Hochhaus genug Wohnraum schaffen kann, ohne weiter zu zersiedeln. Daher sind auch keine steigenden Mieten zu befürchten.

 

“Sicher nicht, ich arbeite selber auf dem Bau!”

Vicky: Dass weiterhin gebaut wird, ist unbestritten. Ihre Arbeit ist also keineswegs gefährdet. In der heutigen Zeit müssen wir uns allerdings die Frage stellen, wo und wie sinnvollerweise gebaut werden soll.

 

“Ihr bringt immer neue Verbote!”

Vicky: Es geht uns keineswegs darum, die Leute mit neuen Vorschriften zu ärgern. Dort wo sich allerdings etwas in eine falsche Richtung bewegt, muss sich etwas ändern.

 

“Innerhalb welcher Zuständigkeit (Gemeinde, Kanton?) muss für eine Einzonung ein gleicher Teil ausgezont werden?”

Basil: Mit einer Initiative kann man nur die Grundzüge festlegen, die im Gesetz dann konkretisiert werden müssen. Die Initiative verlangt diese Regelung grundsätzlich auf nationaler Ebene. Die Gesetzgebung kann dann aber vorsehen, dass die Kompensation z.B. innerhalb eines Kantons stattfinden muss. Ein Abgleich innerhalb der gleichen Gemeinde wäre raumplanerisch aber nicht so sinnvoll.

 

“Ich bin auch für die Verdichtung. Aber dann kommt wieder dieser blöde Heimatschutz.”

Vicky: Die Verdichtung ist innerhalb unserer Initiative ein wichtiges Anliegen. Natürlich sehen wir das Problem mit dem Heimatschutz. Wenn wir allerdings schon nur dort beginnen, zu verdichten, wo keine Schwierigkeiten mit dem Heimatschutz bestehen, haben wir bereits sehr viel Platz und Grünfläche gewonnen.

Über den Autor

Basil Oberholzer

St.Gallen
Mitglied Kantonsrat St.Gallen
Vorstand Grüne Kanton St.Gallen

Ausbildung: Dr. rer. pol. Ökonom

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