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Seuchen - der Klimawandel als Brandbeschleuniger

Anika Brunner, 18.04.2020

Der Ausbruch einer neuen Pandemie war nicht unerwartet. Die Wissenschaft warnt schon seit Jahren davor. Die Frage war nur wann und niemals ob.

 

Seit Jahren weist die Wissenschaft darauf hin, dass es neben Todesfällen durch Luftverschmutzung oder extreme Wetterbedingungen, zu einer Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch die Wärmebelastung und einer Zunahme von dermatologischen Erkrankungen (wie beispielsweise Hautkrebs) durch die ansteigende UV-Strahlungsintensität kommen wird. Die Kernursache: der Klimawandel, welcher bedeutende Auswirkungen auf die globale Gesundheit hat.

 

Daneben werden sich vor allem Infektionskrankheiten, die schon jetzt weltweit zu den häufigsten Todesursachen zählen, weiter ausbreiten. Insbesondere Zoonosen, also Krankheiten, welche vom Tier auf den Menschen übertragen werden, werden extrem zunehmen. Artensterben, Naturzerstörung und Klimawandel erhöhen das Risiko, dass Krankheiten von Tieren auf den Menschen überspringen.

 

Beim auslösenden Virus von COVID-19 “SARS-CoV-2” handelt sich nach dem aktuellen Wissensstand ziemlich sicher um eine Zoonose. Welches Tier der Ursprungswirt des Virus war und welche Zwischenwirten es gab, wird immer noch untersucht. Zu diesem Zeitpunkt wird davon ausgegangen, dass das Virus von der Fledermaus über das Schuppentier auf den Menschen übertragen wurde.


Wie dies mit der Klimakrise zusammenhängt?


Durch die Abholzung der Regenwälder wird der Lebensraum von vielen Tierarten zerstört, so dass sich diese einen neuen suchen müssen. Wenn die Menschen in diese Regionen vordringen, kommen sie in Kontakt mit Tieren, mit welchen sie normalerweise keine Berührungspunkte hätten. Hier entsteht die Möglichkeit dass ein Virus vom Tier auf den Menschen übertragen wird.


Eine weitere Möglichkeit dafür bieten die sogenannten “Wet markets” beispielsweise in Teilen Asiens oder Afrikas. Dort werden Tiere lebendig oder bereits geschlachtet hingebracht, verarbeitet, verkauft oder gleich dort verspiesen. Hier zeigt sich auch wie eine mögliche Virusübertragung von SARS-CoV-2 von der Fledermaus, über das Schuppentier auf den Menschen zustande kommen konnte. Denn diese zwei Tiere würden sich in der Natur nie begegnen, da sie aus vollkommen anderen Regionen stammen.


In Europa gibt es zwar keine solche Märkte, aber auch bei uns zeigt sich ein problematischer Ort: die industrielle Massentierhaltung. Extrem viele Tiere auf engem Raum, mit täglichem Kontakt zu Menschen: eine wahre Brutstätte von Infektionskrankheiten. Deshalb werden auch den gesunden Tieren als Prophylaxe standardmässig Antibiotika verabreicht. Der Antibiotikaeinsatz in der Massentierhaltung ist zudem einer der wichtigsten Gründe für die Zunahme multiresistenter Erregern, bei denen die Anwendung von Antibiotika keine Wirkung mehr zeigt. Was wiederum eine weitere nicht zu unterschätzende Gefahr für die Menschheit darstellt.


Was sich in den letzten Jahren zeigt ist die Bewahrheitung der Warnungen der Wissenschaft, dass Infektionskrankheiten zunehmen: Ebola, HIV/AIDS, Schweinegrippe, MERS-Cov und nun COVID-19.


Es hat natürlich auch früher Seuchen gegeben, die um die Welt gingen und an denen viele, viele Menschen gestorben sind. So wie es auch vor der Klimaerwärmung Stürme und Fluten gegeben hat, ABER die Wahrscheinlichkeit und die Härte dieser Ereignisse steigt an. Selbstverständlich spielen noch weitere Faktoren mit ein, welche das Risiko für Pandemien verstärken, wie beispielsweise die Globalisierung oder die Zunahme der Weltbevölkerung. 


Aber das ansteigende Auftreten von gefährlichen Seuchen hängt eben auch zentral mit der Klimakrise zusammen.


“Wir müssen endlich verstehen, dass die Erde ein geschlossenes Ökosystem ist & wenn man an einem Schräubchen dreht, dann passiert an einer anderen Stelle etwas. Oft weil dieses System so komplex ist, wissen wir nicht genau was. Was wir aber ganz klar wissen ist, dass Pandemien häufiger werden, wenn wir noch mehr Regenwälder abholzen, wenn wir die Massentierhaltung weiter ausbauen, wenn wir Wildereien nicht bekämpfen, Wet markets nicht verbieten. Man kennt bereits heute ungefähr 40 mögliche Viren aus dem Wildtier Bereich, die möglicherweise sich zu Zoonosen mit ähnlichen Auswirkungen und einem ähnlichen Ausmass wie COVID-19 entwickeln könnten. Das alles ist gar nicht neu.” - Wissenschaftsjournalist & Naturfilmer Dirk Steffens

 

Natürlich müssen wir uns nun darauf fokussieren die grössten gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden durch die Pandemie zu bekämpfen. Aber wenn wir ernsthaft das Risiko für eine neue Pandemie senken wollen, dann müssen wir genau jetzt auch langfristig denken. Klimaschutz ist Seuchenschutz. Man muss kein Grüner oder keine Grüne sein um diesen Zusammenhang zu verstehen. Es liegt an uns allen, die Erkenntnisse der Wissenschaft als Fakten zu akzeptieren und in Taten umzusetzen. 

In letzter Konsequenz geht es hier um Selbstschutz.

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Anika Brunner

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